Zeitenwende Klimakrise

Einladung zur Seminarreihe im Herbst 2023

Die vom Menschen ausgelöste Klimakrise beschert uns in nächster Zukunft eine Zeitenwende. Tiefgreifende Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft kommen auf uns zu, weltweit und auch in Südtirol. Es gilt, diesen Wandel zu gestalten, um katastrophale Folgen zu verhindern, auch um die Chancen wahrzunehmen, die dieser Wandel bietet.

Um zentrale Fragen dieser Transformation dreht sich unsere Seminarreihe im Herbst, in Zusammenarbeit mit dem Heimatpflegeverband Südtirol und Climate Action. Zu jedem der 8 Treffen begrüßen wir zum Einstieg ins Thema einige besondere Gäste. Besonderes Augenmerk legen wir auf den Dialog zwischen Älteren und Jüngeren Menschen.

Das komplette Programm steht zum Download bereit und wir halten euch auf dem Laufenden!

4. Treffen

„Warum machen wir es nicht einfach?“
Die Psychologie der Klimakrise

Mit Christine Baumgartner (Psychologin, Umweltaktivistin), Claudia Plaikner (Obfrau des Heimatpflegeverbands Südtirol), Markus Cappello (Funktionär der Gewerkschaft AGB/CGIL)

Dienstag, 24.10.23, 17:30-19:30 Uhr, Waltherhaus, 4. Stock, Bozen

Seit 31 Jahren (Erdgipfel 1992 in Rio de Janeiro) ist der Klimawandel wissenschaftlich erfasst und allgemein bekannt. Seit einer Generation steht der Kampf gegen die Erderhitzung auf der internationalen politischen Agenda. Wir wissen längst, dass wir etwas ändern sollten und wissen, was zu tun wäre, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Warum machen wir es nicht einfach? Mit dieser Frage befasst sich die Umweltpsychologie, die auch der Frage nachgeht, wie Informationen zum Klimawandel und politische Strategien geartet sein sollten, um die Menschen tatsächlich zu einem nachhaltigeren Lebensstil zu führen. Was hält die Menschen davon ab, umweltfreundlich zu handeln? Wie sollte über den Klimawandel informiert werden, damit sich die Menschen dem Thema öffnen und nicht auf Widerstand gehen? Versprechen freiwillige oder verpflichtende politische Maßnahmen mehr Erfolg? Wie wird in Südtirol mit diesem Thema umgegangen? Wie soll die Klimaschutzbewegung vorgehen? Welche Aufgaben kommen dem Bildungssystem zu?

5. Treffen

Abschied von der autogerechten Gesellschaft?
Die Mobilität der Zukunft zwischen E-Auto und Mobilität nach menschlichem Maß

Mit Hanspeter Niederkofler (Verkehrsexperte QNEX, Plattform Pro Pustertal), Moritz Holzinger (Fridays for Future South Tyrol und Letzte Generation Innsbruck) und Florian Trojer (Heimatpflegeverband Südtirol)

Dienstag, 07.11.23, 17:30-19:30 Uhr, Waltherhaus, 4. Stock, Bozen

Der Verkehr verursacht mit 44% den Löwenanteil der in Südtirol direkt erfassten Treibhausgasemissionen. Die Klimaneutralität bis 2040 steht und fällt also mit starken Beschränkungen des Verkehrsaufkommens. Allein, der neue Landesplan für nachhaltige Mobilität 2035 setzt zwar klar auf den „Umweltverbund“ (Bahn, Bus, Beine, Fahrrad), doch eine echte Reduzierung des Verkehrsvolumens ist noch nicht abzusehen. Vor allem der Güter-Transitverkehr wächst weiter, der motorisierte Individualverkehr – hausgemacht und von außen kommend – droht, wegen des Tourismus weiter zu steigen. Reicht die Elektrifizierung der Kfz für die Verkehrswende? Wie muss die Mobilität der Zukunft organisiert sein, um mit Klimaneutralität vereinbar zu sein? Ältere Menschen können sich ausgiebige Mobilität mit allen Verkehrsmitteln leisten einschließlich Flugreisen, Kreuzfahrten, SUV und Motorrädern. Junge Menschen wollen auch reisen und individuell mobil sein. Doch wie lässt sich das mit konsequentem Klimaschutz vereinbaren? Wie sieht das klimaneutrale Reisen der Zukunft aus? Kann man in Zukunft ohne eigenes Auto leben?

6. Treffen

Ist die Erde ungeeignet für unser Wirtschaftssystem?
Kapitalismus und Klimakrise

Mit Prof. Kris Krois, Fakultät für Design und Künste an der Freien Universität Bozen und Olivia Kieser, Mobilitätsexpertin bei der STA und Klimaaktivistin

Dienstag, 21.11.23, 17:30-19:30 Uhr, Waltherhaus, 4. Stock, Bozen

Würden fast alle Menschen so viel an Ressourcen aller Art verbrauchen wie die Deutschen, würden jährlich fast drei Erden verbraucht. Die planetaren Grenzen sind in vieler Hinsicht längst überschritten. Die Expansion der kapitalistischen Marktwirtschaft war nur möglich durch den kolonialen Zugriff der historischen Industrieländer auf die Ressourcen in allen Kontinenten, der bis heute andauert. Aufstrebende Schwellenländer haben das Modell übernommen, fordern ihren Teil an Ressourcen und Energie, doch die Erde gibt das nicht her. Die Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt nehmen dramatisch ab, die Atmosphäre lässt sich nicht unbegrenzt als CO2-Deponie nutzen, die Meere nicht unbegrenzt als Plastikdeponie. Die „imperiale Lebensweise“ (U. Brand/M. Wissen, 2017) ist nicht nachhaltig, Ulrike Herrmann sieht das Ende des Kapitalismus kommen (Das Ende des Kapitalismus, 2022). Reicht nun das grüne Konzept, die Marktwirtschaft sozial und ökologisch zu reformieren? Oder braucht es einen radikaleren Systemumbau zu einer „solidarischen Lebens- und Wirtschaftsweise“ (ILA Kollektiv) oder gar eine „ökosozialistische Alternative“ (Christian Zeller, Revolution fürs Klima)?

7. Treffen

Eine Ökonomie der kurzen Wege
Von der Globalisierung zur regionalen Kreislaufwirtschaft

Mit Klauspeter Dissinger, Oldies for Future und Daria Habicher, Sozioökonomin, Mitbegründerin der LIA Collective

Dienstag, 05.12.23, 17:30-19:30 Uhr, Waltherhaus, 4. Stock, Bozen

Kostenwahrheit, Lieferketten zurückbauen, Abhängigkeiten reduzieren, regionale Kreisläufe fördern: diese Stichworte fallen immer wieder in der klimapolitischen Diskussion. Die heute üblichen EU-weiten oder gar globalen Produktionsketten werden immer länger und komplizierter. Jeder Arbeitsschritt wird dort ausgeführt, wo er am billigsten zu haben ist. Von der Rohstoffgewinnung über die Veredlung und Herstellung der Bestandteile bis zur Endfertigung der Produkte, die dann über Verteillager und Shops endlich zu den Kunden gelangen, werden unglaubliche Strecken zurückgelegt. Würden alle Umweltkosten in Rechnung gestellt, wären Preise und Konsumangebot anders beschaffen: schon im EU-Binnenmarkt würden sich viele Formen heutiger Arbeitsteilung nicht mehr lohnen. In Europa leiden viele Regionen wie Südtirol unter übermäßigem Verkehr, der Mensch, Umwelt und Klima belastet und strukturelle Abhängigkeiten von außen schafft. Es wäre längst Zeit für einen Rückbau der Lieferketten zu einem klimakompatiblen Maß. Doch wie sieht eine „Ökonomie der kurzen Wege“ aus? Wie kann man für Kostenwahrheit sorgen? Soll der internationale Handelsaustausch begrenzt werden? Was bedeutet das für eine kleine, aber eng mit dem Umfeld verflochtene Alpenregion wie Südtirol?

8. Treffen

Abschied vom Wachstumsparadigma?
Konsistenz, Effizienz und Suffizienz

Mit David Hofmann (Neurowissenschaftler, Mitglied von Climate Action, Scientists for Future und Extinction Rebellion) und Thomas Benedikter (Wirtschaftswissenschaftler, Lehrbeauftragter Univ. Bozen und HFH Hamburg)

Dienstag, 19.12.23, 17:30-19:30 Uhr, Waltherhaus, 4. Stock, Bozen

Der Klimawandel bringt immer mehr Menschen dazu, Theorie und Praxis des Wirtschaftswachstums zu hinterfragen. Aber weltweit dominiert immer noch Wachstumsdenken. Wo bleibt ein neuer politischer Orientierungsrahmen, der ohne Wachstum als zentrales Ziel auskommt? Konkrete Alternativen liegen schon vor. So geht die Postwachstumsökonomie von der These aus, dass die absolute Entkopplung des Energie- und Ressourcenverbrauchs vom Wirtschaftswachstum nicht möglich ist. Deshalb ist Suffizienz statt Wachstum angesagt. Doch Suffizienz ist angst- und risikobehaftet, man verbindet sie mit Verzicht und Einschränkung des heutigen Lebensstandards.

Während die Politik aufs „grüne Wachstum“ mit erneuerbarer Energie setzt, geht die Postwachstumsökonomik weiter unter dem Motto: Befreiung vom Überfluss und eine Kultur der Genügsamkeit. Für echte Nachhaltigkeit müssen Produktion und Konsum gesenkt, die „systemischen Wachstumstreiber“ zurückgefahren werden. Was bedeutet das konkret für die Lebensweise in den Industrieländern? Wie lässt sich das mit sozialer Gerechtigkeit und mit den Ansprüchen der Entwicklungsländer vereinbaren? Lässt sich der Verzicht auf Wachstum kurzfristig und ohne Zwang bewerkstelligen? Und was bedeutet eine Strategie der Suffizienz für Südtirol?


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